Montag, 18. Juli 2011

Das Musical "Cats" gastiert in Mannheim

Geschmeidige Katzen auf der Kaninchenwiese

Das Musical „Cats“ geht am Europaplatz in Mannheim in die zweite Runde. Nach einer kurzen Unterbrechung sind die geschmeidigen Katzen noch einmal zur „Kaninchenwiese“ zurückgekehrt und buhlen in dem eigens für diese Originalversion aus London gebauten Zelt mit seinen spitzen Ohren und gelben Augen um die Chance ihres Lebens. Mehr als tausend Augenpaare leuchten im Mondlicht und beobachten einander, denn die maximal 1800 Zuschauer im Zelt sind von Anfang an mitten drin. Keiner mehr als zwanzig Meter vom Geschehen entfernt, sitzen sie an einem Schrottplatz und sehen aus der Katzenperspektive dem turbulenten Treiben bis zum Jellicle-Ball zu.

Katzentanz in der Vollmondnacht

Im Verlauf der Vollmondnacht soll einer Katze ein neues Leben geschenkt werden. Viele Samtpfoten stellen sich Katzenoberhaupt Alt Deuteronimus vor, von der schnurrigen, weißen Victoria bis zum potenten Rum Tum Tugger geben sie alle ihr Bestes. Nicht nur für den Ober-Kater gerät dieses Super-Tanz-Spektakel zu einem üppigen Augenschmaus. Wunderbar geschminkt und in so tolle Kostüme gehüllt, dass die Eigenart einer jeden Katze so hervorgehoben wird, wie es Nobelpreisträger T. S. Eliot beschrieben hat, lassen die gut dreißig Darsteller durch ihre feinen katzentypischen Gesten und Bewegungen fast vergessen, dass sie Menschen sind.

Zur Musik von Andrew Lloyd Webber, gespielt von der Cats Band unter der Leitung von Thomas Loup, spielen, singen, tanzen sie und sparen dabei auch nicht mit akrobatischen Einlagen, zum Teil sogar zwischen den Zuschauerreihen. Schwierig allerdings wird es für die Zuschauer, die die Handlung des seit dreißig Jahren erfolgreichen Musicals nicht kennen. Denn die in deutscher Sprache gesungenen Songs dieser Londoner Originalinszenierung unter der Regie von Trevor Nunn sind, wenn überhaupt, an diesem ersten Abend der Wiederaufnahme nur sehr schlecht zu verstehen.

Das Zuhören wird mühsam, das Musical bis zur Pause zu lang. Auch wenn’s nach der Pause wesentlich fetziger und actionreicher zugeht, muss das dringend für die kommenden Vorstellungen verbessert werden. „Abrakadabra“, vielleicht kann der zauberhafte Mr. Mistoffelees, der es schafft, den zotteligen Riesenkater Alt Deutorismus nach einer beeindruckenden Schlacht und Entführung wieder herbeizuzaubern, ein bisschen nachhelfen.

Sehnsucht nach Glück

Besser verständlich waren die Soli, vor allem der alten, abgetakelten einstigen Glamour-Katze Grizabella, um die alle bis zum überraschenden Schluss einen großen Bogen machen. Aber das ist sowieso der bekannteste Hit des Musicals: „Memories“, oder in Deutsch: „Erinnerungen“. Mit der herbei gesungenen Sehnsucht nach „wahrem Glück“ und der Erkenntnis, „wie sehr der Mensch den Katzen gleicht“, verlässt der Zuschauer das gut klimatisierte Zelt und freut sich über den (Voll-)Mond in einer schönen, lauen Sommernacht. Das ist doch auch schon wahres Glück! Cats gibt’s noch bis zum 24. Juli auf dem Europaplatz in Mannheim. Karten an den bekannten Vorverkaufsstellen.

Carmen Oesterreich

Donnerstag, 14. Juli 2011

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Content ! - Redaktionsbüro: Bob Dylan-Abend bei den Heidelberger Schlossfestsp...: "Wer ist Bob Dylan? Szenische Adaption von Heiner Kondschaks „Dylan - The Times They Are A-Changin“ im Heidelberger Schlosshof Angesic..."

Bob Dylan-Abend bei den Heidelberger Schlossfestspielen

Wer ist Bob Dylan?

Szenische Adaption von Heiner Kondschaks „Dylan - The Times They Are A-Changin“ im Heidelberger Schlosshof

Angesichts des Intendantenwechsels zur nächsten Spielzeit hat "The Times They Are A Changin“ eine besondere Bedeutung, denn diese musikalische Biographie über den eigenwilligen Folk-Rock-Country-Gospel-Sänger aus den Vereinigten Staaten war die erfolgreichste Inszenierung der vergangenen Jahre in Heidelberg.
Einige der beeindruckendsten Schauspieler aus der „Ära“ Spuhler sind extra angereist, um noch einmal vor dem aufgeschlossenen Heidelberger Publikum aufzutreten. Es ist wie ein Wiedersehen mit alten Freunden: Jens Koch muss nur mit seiner Hüfte wackeln, um Begeisterungsstürme auszulösen, und Florian Hertweck beweist sich erneut als hervorragende Besetzung für Bob Dylan, dem während der Schlossfestspiele in Heidelberg noch zwei Abende im Schlosshof gewidmet sind.

"Ich ist ein anderer"

Florian Hertweck, jetzt am Schauspiel Hannover, gelingt trotz aller Open Air-Kompromisse eine szenisch dichte Darstellung Dylans als kaum (be-)greifbaren Musiker. „Ich ist ein anderer“ – mit diesem Satz charakterisiert sich der schwierige und ständig wandelnde Star in seltsam schlecht geführten Fernsehinterviews, die einen Hauch gegenseitiger Verachtung, aber auch eine gewisse Unbeholfenheit zum Ausdruck bringen. Dylan ist ein politisch engagierter Einzelgänger aus Minnesota, der Anfang der sechziger Jahre in einem New Yorker Club auftritt, Folksänger Woody Guthrie (This Land is your Land) verehrt und von John Hammond 1961 für „Columbia Records“ unter Vertrag genommen wird.

Karneval

Wie sehr es ihn später drängt, immer wieder aus Konventionen auszubrechen, nie eine dauerhaft feste Beziehung einzugehen und auch musikalisch neue Wege zu versuchen, zeigt seine Beziehung zu Joan Baez. Sie liebt ihn und verhilft ihm zum Erfolg auf der Bühne, doch kurz vor der angedachten Hochzeit macht er ihre Sozialkritik zunichte. Der Eigenbrödler sieht die Welt als „Karneval“. Bunt, ausgelassen und maskiert, im Ausnahmezustand zwar, aber nicht ernst zu nehmen und schon gar nicht zu verändern. Obwohl gerade er in diesen bewegten Zeiten zwischen Wettrüsten und Woodstock, Kennedy und Martin Luther King mit seinen politisch ambitionierten Balladen die Stimmung der friedfertigen Amerikaner trifft, will er kein Idol sein, keine Verantwortung tragen. Immer, wenn ihm der Erfolg oder die Liebe über den Kopf zu wachsen scheint, verprellt er seine Fans durch Richtungswechsel, etwa vom Folk zum Rock.

Szenische Highlights

Heiner Kondschak arrangiert diese Zerrissenheit, diese Auf- und Hingabe als informatives Schauspiel, das zunächst nur kurz gefasst mit vielen bekannten Songsequenzen gespickt ist und erst nach der Pause den literarischen Songs wie „Hurricane“ oder „Like a Rolling Stone“ mehr Raum gibt. Ilona Lenk verzichtet in dieser „szenischen Adaption“ der Uraufführung vom 1. März 2008 auf ein originelles Bühnenbild im Schloßhof und arbeitet mit wenigen, aussagekräftigen Requisiten. Sie lässt die Schauspieler in vielerlei sechziger bis neunziger Jahre-Klamotten glänzen. Vor allem Franziska Beyer und Monika Wiedemer , die in ihren vielen kleinen Nebenrollen als Geliebte Sara, Suze oder als Janis Joplin (Wiedemer) und als Joan Baez, Liz Taylor, Marlene Dietrich (Beyer) szenische Highlights setzen.

Was hat Jonny Depp mit Dylan am Hut?

Hagen von der Lieth wirbelt gekonnt clownesk als Johnny Depp-Verschnitt (weil der so cool ist, oder?) über die Bühne und treibt durch seine Erläuterungen die bilderreiche Handlung voran. Gemeinsam bilden die Schauspieler mit den Musikern Cordula Hamacher, Ralf Schmith und Hans Reffert unter der musikalischen Leitung von Heiner Kondschak eine hörenswerte Band. Kondschak selbst zieht ein Instrument nach dem anderen aus der Tasche und hat dabei alles perfekt im Griff. Bemerkenswert, wie er jeden Schauspieler in das musikalische Konzept mit einbindet. Nach gut drei kurzweiligen Stunden durfte dann das den ganzen Abend über drohende Donnergrollen auftrumpfen, das die Zuschauer schnell in alle Richtungen verschwinden ließ – die Songs von Bob Dylan natürlich noch lange im Ohr.

Weitere Vorstellungen am 15. und 20.7., jeweils um 20 Uhr im Schloßhof des Heidelberger Schlosses. Karten unter Tel. 06221/582 00 00 oder auf www.heidelberger-schlossfestspiele.de. Am 7. Januar 2012 im großen Haus des Badischen Staatstheaters Karlsruhe.

Carmen Oesterreich


Dienstag, 12. Juli 2011

Content ! - Redaktionsbüro: Neues Literaturmagazin für kreative Studenten

Content ! - Redaktionsbüro: Neues Literaturmagazin für kreative Studenten: "[Lautschrift] mischt die Literaturszene auf Es ist quadratisch, progressiv, geistreich und verführt zum literarischen Genuss: Zum Anbeiß..."

Neues Literaturmagazin für kreative Studenten

[Lautschrift] mischt die Literaturszene auf

Es ist quadratisch, progressiv, geistreich und verführt zum literarischen Genuss: Zum Anbeißen verlockend ist das neue Literaturmagazin [Lautschrift] mit ausgewählten Texten, Fotografien und Zeichnungen von Studierenden in Baden-Württemberg.

Herausgegeben wird es von den beiden Tübinger BA-Studentinnen Cindy Ruch und Jennifer Six, die damit die neue Literatur und Kunst der Gegenwart beleuchten und bewegen wollen. Die Idee dazu hatten sie während ihres Auslandsemesters in Dublin und Brisbane, wo die „junge Literatur beeindruckend gefördert wird“. „Da wir selbst Internationale Literaturen und Anglistik/Amerikanistik studieren und selbst schreiben, war es uns sehr wichtig, speziell solch eine Talentförderung auch in Deutschland zu ermöglichen“, erklärt Cindy Ruch. Zwar würden an deutschen Universitäten Kurse zum „Kreativen Schreiben“ angeboten, aber die kreative Verbindung untereinander fehle.

Mit unternehmerischen Mut, viel Engagement und einer Startauflage von 1000 Exemplaren bieten die jungen Herausgeberinnen mit dem Magazin [Lautschrift] den talentierten Studierenden zunächst in Baden-Württemberg die Chance, aufzufallen und ein für junge Kunst aufgeschlossenes Publikum zu finden. Damit der Qualitätsanspruch gewahrt bleibt, sind die Autorin Nina Jäckle und der Buchautor und FAZ-Kolumnist Georg M. Oswald als Juroren an der Auswahl beteiligt.

Studienorte mit literarischer Tradition

Das neue deutsch- und englischsprachige Literaturmagazin „verschreibt sich den sprachlichen und literarischen Grenzüberschreitungen. Wir wollen die Literaturwelt im Print-Format lebendig machen und sie mit [Lautschrift] spannend und kreativ präsentieren: in Schrift und Bild“, beschreiben die Herausgeberinnen ihr sehr ansprechendes Projekt. Neben den interessanten Texten, Fotos und Zeichnungen stellen sie die Universitätsstädte als Studienorte mit literarischer Tradition vor.

Für vier Euro ist es in campusnahen Buchhandlungen in Baden-Württemberg oder über www.lautschriftmagazin.de zu haben (in Heidelberg in der Buchhandlung lehmanns media und in der Bibliothek der Germanistik). [Lautschrift] erscheint regelmäßig einmal im Semester bzw. zweimal im Jahr und kostet jeweils 4 Euro. Auf der Internetseite gibt es auch Informationen für die kommende Ausgabe zum Thema „Aufbruch“, an der die Studierenden in Baden-Württemberg und Bayern mit Gedichten, Prosa, Theaterstücken, Essays, Fotografien und Zeichnungen noch bis zum 15. November 2011 mitwirken können.

Carmen Oesterreich

Sonntag, 3. Juli 2011

Content ! - Redaktionsbüro: Kindertheater auf dem Schloss Heidelberg

Content ! - Redaktionsbüro: Kindertheater auf dem Schloss Heidelberg: "Nackte Tatsachen im Englischen Bau Die Fans des Kinder- und Jugendtheaters Zwinger3 feiern die Uraufführung von „Des Kaisers neue Kleider“ ..."

Kindertheater auf dem Schloss Heidelberg

Nackte Tatsachen im Englischen Bau


Die Fans des Kinder- und Jugendtheaters Zwinger3 feiern die Uraufführung von „Des Kaisers neue Kleider“ mit viel Applaus

Bevor mit dem Intendantenwechsel zum Ende der Saison auch ein Teil des Ensembles des Heidelberger Kinder- und Jugendtheaters Zwinger3 „Ade“ sagen wird, hat es auf dem Heidelberger Schloss unter freiem Himmel noch einmal kräftig aufgetrumpft. Frei nach dem Märchen „Des Kaisers neue Kleider“ von Hans Christian Andersen haben Dominik Günther und Heike Vollmer die Geschichte um Lug und Trug mit viel Witz, Musik und Slapstick aufgepeppt.

Dabei ist das eine ziemlich wackelige Angelegenheit: Die Bühnen- und Kostümbildnerin Heike Vollmer hat die Kulisse des Englischen Baus andeutungsweise auf einer nach links und rechts kippenden Bühne nachgebaut. Für Balance oder Stillstand müssen die Schauspieler sorgen, aber danach ist denen nur selten zumute. Denn ihre Spielfiguren erkennen nach und nach, dass der verschwenderische Lebensstil des autoritären Kaisers gegenüber den Interessen des Volkes eine ziemlich wackelige Angelegenheit ist.

Schneller Slapstick

Cedric Pintarelli als „der kleine Klaus“ und Dominik Knapp als „der große Klaus“ sorgen mit ihrem komödiantischen Talent für viel Tempo. Die beiden Hofmusikanten werden vom Kaiser gefeuert, weil dieser sonst nicht die teuren, neuen Kleider zu seinem Geburtstag bezahlen kann. Er wünscht sich ein exklusives, nie dagewesenes Outfit und sucht dafür Pariser Modedesigner.

Zum Glück kommen die beiden hungrigen Landstreicher auf die Idee, dass sie sich ja am Hof bewerben können. Weil dieses Können aber rein gar nichts mit der Kunst des Schneiderhandwerks zu tun hat und ihnen auch das Material zum Nähen fehlt, greifen sie tief in die Märchenkiste und singen ähnlich dem Vorleser „Zauberzunge“ in Cornelia Funkes „Tintenherz“ diverse Märchengestalten herbei. Die sind allerdings ziemlich grimmig und unhöflich, sagen „hää“ statt „Wie bitte“ und denken nicht daran, etwas von sich herzugeben. Joanna Kappsch beweist in diesen kurzen Szenen ihre schauspielerische Wandlungsfähigkeit von der lieben Prinzessin über die herrische Frau Holle bis zum rasenden Däumling, Kerstin Ohlendorf brilliert als selbstbewusste Hofdesignerin ebenso wie als Göre Rotkäppchen und verführerische Rapunzel.

Tipps vom Teufel

Egal, wer sie sind, sie werden reingelegt, bis der Teufel mit den drei goldenen Haaren kommt. Ulf Schmitt als sonst diensteifriges, ministerielles „Froschgesicht“ ist in dieser rabiaten Rolle kaum wiederzuerkennen. Er verrät, wie die Karl Lagerfeld-Doubles „Claude & Claude“ den Kaiser austricksen können. Sie tun, als ob und behaupten, dass nur Dummköpfe die edlen Stoffe und schönen Schnitte nicht sehen könnten. Da sich niemand eine Blöße geben will, werden sie letztlich vom gesamten Hofstaat und dem Volk unterstützt.

Massoud Baygan spielt den Kaiser als eitlen Fatzke, dem jeder sein ausschließliches Faible für extravagante Kleider abnimmt. Als er die „nackten Tatsachen “ erkennt, lässt er erst Recht die Hüllen eines kaiserlichen Würdenträgers fallen. „Echt schwul“, sagt dazu lobend das jugendsprachlich geprägte Publikum. Das amüsiert sich köstlich, und einmal losgelassen, gehen Schauspieler und Zuschauer in dieser fetzigen Inszenierung von Dominik Günther richtig ab und tanzen den Waka-Waka-Wupi-Dance.

Noch ein Grund zum Jubeln: Massoud Baygan und Joanna Kapsch bleiben beim Kinder- und Jugendtheater in Heidelberg, Cedric Pintarelli bleibt in der Nähe: Er wechselt zum Schnawwl, dem Kinder- und Jugendtheater des Nationaltheaters Mannheim.

Weitere Vorstellungen im Englischen Bau am 6.,8.,13. und 18. – 22.7. jeweils um 10 Uhr, am 7. und 15.7. jeweils um 9.30 Uhr. Familienvorstellungen gibt es am 9., 10. und 17.7. jeweils um 17 Uhr und am 23.7. um 11 Uhr.

Carmen Oesterreich


Freitag, 1. Juli 2011

Romeo und Julia - Tanzprojekt in Heidelberg

Assi Stress zwischen

feinen Pinkeln und aufgestylten Punks

Packende PVC-Premiere von „Romeo und Julia“

mit 50 jugendlichen Tänzern und großem Orchester im Opernzelt

Von Carmen Oesterreich

Wenn man vergisst, dass da oben das Orchester spielt und unten getanzt wird, wenn Musik und Choreographie zu einem Ganzen verschmelzen und wenn so mancher Zuschauer hin und wieder schlucken oder sich gar dezent die Augen reiben muss – dann passiert etwas so enorm Spannendes und Bewegendes im Opernzelt in Heidelberg, dass man danach ruhig von einem „großen Abend“ sprechen darf. Das liegt natürlich einerseits an der dankbaren, jahrhundertealten, tragischen Liebesgeschichte zwischen Romeo und Julia, andererseits aber liegt es noch mehr an der großartigen Leistung der fast fünfzig Mädchen und Jungen zwischen elf und 21 Jahren. Sie alle sind die Stars des Abends.

Choreograph Gary Joplin hat das Tanzprojekt einstudiert

In dieser Koproduktion von pvc Tanz Freiburg Heidelberg, dem Philharmonischen Orchester und dem Haus der Jugend tanzen sie (fast) so perfekt und vor allem ausdrucksstark wie die Profis. Der Choreograph und Tänzer Gary Joplin hat das Tanzprojekt mit den jungen Laientänzern seit Ende Januar einstudiert und sich dabei auch auf die aktuellen Befindlichkeiten der Jugendlichen eingelassen. So stellen sie mit „Romeo und Julia“ nicht so sehr die Liebesgeschichte der Kinder aus zwei verfeindeten Familien dar, wie es im 16. Jahrhundert William Shakespeare gemacht hatte, sondern sie zeigen eine aktuelle Geschichte vom Scheitern ganzer Banden. Man denkt erst ein bisschen an die West-Side-Story, die den Familienclinch in einen New Yorker Bandenkrieg einbettet.

Familie ist out

Aber hier ist Familie ganz out, die Clique ist der Ersatz. Miteinander geredet wird nur übers Handy. Romeo macht seine Freundin Rosalinde per SMS zur Ex:„ will keinen Stress, sorry“. Übers so genannte „soziale Netzwerk“ wird gemobbt, bis es Tote gibt. Aus Facebook wird an der Leinwand „Facebruch.Komm“, sei es nun der Gesichtsverlust des Einzelnen oder der erhoffte Bruch der Bloggerin Benvolia (Fatima Cinemre) mit diesem Datengiganten im Internet. In ihrem letzten Blog erzählt sie die Story von „Romeo und Julia“ rückblickend.

Zeitgenössischer Tanz zur Musik von Sergei Prokofjew

Mit einem Fingerschnipsen von ihr setzt das Philharmonische Orchester Heidelberg mit der wunderschönen Ballettmusik von Sergei Prokofjew ein, während sich die eher gelangweilten Jugendlichen auf einem düsteren Gelände zu ihren typischen Revierkämpfen treffen. Die Capulets sind gekleidet wie kleine Mafiosi in Pink und Grau, die Montagues gestylt wie Punks (Bühnenbild und Kostüme: Ariane Schwarz und Julica Schwenkhagen). Assi Stress gibt es erst, als sich Mont Romeo (Doga Gürer) und Cap Julia (Sina Schiller) ineinander verlieben. Sie wird als „Schlampe“ denunziert, der „Wixxa“ vor dem „Scheiß“ gewarnt.

Unter dem Dirigat von Ivo Hentschel (der nach der Vorstellung für sein besonderes Engagement mit dem Preis des Theater-Freundeskreises ausgezeichnet wurde) erklingt die Musik so eindringlich wie zurückhaltend zugunsten der „Gangster“, deren tänzerischer Kampf mit Ellenbogen, Fußtritten und einer Furcht einflößenden Mimik „Stil“ hat. Viele Ideen vom klassischen Ballett über Modern Dance bis zum Breakdance werden unter der Regie und Choreographie von Gary Joplin sehr stimmig zu Musik und Handlung umgesetzt. Das passt alles gut zusammen und wird durch die rasanten „Breaks“ der Skater und Breakdancer aus dem Haus der Jugend, die den Tod vorausahnen, noch verstärkt.

Tanz in den Tod

Besondere tänzerische Leichtigkeit zeigt Mercutio (Julik Mkrtumian), der quirlig und übermütig solange um die Gegner herumtänzelt und provoziert, bis es ihn hart erwischt. Nach seinem Tod wird‘s ernst. Er bleibt nicht der einzige, da bleiben alle treu an Shakespeares Story. Bemerkenswert ist, wie gefühlvoll die Stimmung umschlägt und die Tänzer ihrer Trauer um Julia nachspüren – da herrscht, abgesehen von der Musik, Totenstille im Opernzelt! .

Schade, dass diese, am Ende mit viel Applaus gelobte letzte Premiere unter der Intendanz von Peter Spuhler nur noch zwei Mal aufgeführt wird: am 2.7. um 19.30 Uhr und am 3.7. um 18 Uhr im Opernzelt (Karten unter Tel.: 06221/ 582 00 00).